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Das blanke Chaos

Wer kennt diese oder ähnliche Situationen nicht? Du kommst nach Hause, und bist an der Tür vielleicht noch guter Dinge. Evtl. ahnst du aber schon im Treppenhaus, dass du gleich wieder ausflippen wirst. Du schließt die Tür auf, und dich erwartet das blanke Chaos. Schuhe liegen im Eingangsbereich, zwei Schulranzen drumherum. Die Leine vom Hund liegt direkt neben dem schmutzigen nassen Handtuch. Offensichtlich war der Hund im Rhein. Und über allem prangt die Sporttasche deines Mannes. Während du dran vorbei gehst, erahnst du schon: Es war ein schweißtreibendes Workout. Du hängst gar nicht erst deine Jacke auf sondern düst direkt in´s Wohnzimmer.

Die drei albern im Wohnzimmer rum, bis DU und deine geballte Wut kommen. Schon von der Tür aus wetterst du los, es gibt Streit, und alle verziehen sich in ihre Zimmer. Selbst dein Mann sagt nur: „Meine Güte, du hast ja mal wieder eine Laune. Ich geh mit dem Hund.“  Hm, eigentlich war er schon Gassi… Und du stehst mal wieder wütend und sprachlos da. Bist die Buh-Frau der Familie, die Spaßbremse. Jeder ist nun irgendwo mit einem schlechten Gefühl.

Dinge in einen anderen Rahmen setzen

Wie wäre es, wenn du beim nächsten Mal schon vor der Tür einmal tief durchatmest? Und könnte man nicht auch sagen, dass Chaos durch Schulranzen, Hundeleine und Sporttasche auch ein Zeichen dafür sind, dass du eine Familie hast? Eine Familie, die du dir gewünscht hast, und die du liebst?  Und wie ist es, wenn du daran denkst, wie viele Menschen sich Familie wünschen und sie nie haben werden? Wie viele Menschen wünschen sich vielleicht, Kinderschuhe im Eingangsbereich stehen zu haben? Egal, ob geordnet oder ungeordnet? Wie wäre es, wenn ich mit dem Gefühl der Dankbarkeit auf dieses Chaos blicke? Dankbarkeit dafür, dass ich eine zwar unordentlich, ansonsten aber wunderbare Familie habe? Wie würde sich dein Blick ändern? Und wie dein Gefühl?

Die eigenen Bedürfnisse erkennen

Wenn du nun also nicht ins Wohnzimmer polterst, sondern dich freust, eine Familie zu haben… Wenn du dich dann irgendwann mal in Ruhe hinsetzt und nachspürst, warum dir die Hutschnur eigentlich so hoch geht… Welche Bedürfnisse, welche Werte werden durch das Chaos nicht befriedigt oder sogar massiv angetriggert? Du nimmst dir Zeit, mal in dich hineinzuhören… Als erstes taucht „Ich habe ein Bedürfnis nach Ordnung“ auf. Ok, und dann setzt du dich tiefer damit auseinander. Eigentlich geht es um etwas anderes. „Ich finde es respektlos, dass sie mich aufräumen lassen.“ „Hm“, sagt da eine andere Stimme, „aber irgendwann würden sie es auch selbst tun, du bist nur meist in deiner Wut schneller.“ Ein anderer Gedanke kommt auf.  „Wir haben da schon oft drüber gesprochen, und ich möchte, dass sich meine Kinder an Absprachen halten. Ich möchte meinen Kindern doch das größtmögliche Vertrauen entgegen bringen. Wenn ich das im Kleinen nicht kann, wie soll das mal werden, wenn sie ausgehen wollen?“

Auf einmal kommen noch ein paar Stimmen und Gedanken, die dir deutlich machen, dass es gar nicht um die Sachen im Flur geht. Es geht evtl. darum, dass du deine Qualität als Mutter in Frage stellst. Oder deinen Stellenwert als Frau. Dann taucht auch noch diese auf, und du merkst, das ist gar nicht deine eigene Stimme. Trotzdem ist sie laut: „Was sollen die Leute denken?“. Und du weißt, wie sehr es dich selbst als Kind genervt hat, aber zuhause war immer alles klinisch rein. Deine Mutter hat immer gesagt: „Ich möchte jederzeit Besuch empfangen können ohne mich zu schämen.“

Die Erkenntnis

Du schmunzelst, denn du weißt: Deine Wut hat nichts mit deiner Familie zu tun, sondern nur damit, wie und warum du diese Situation so bewertest. Diese Bewertung hat mit uns zu tun. Mit unserem Wertesystem und unseren Glaubenssätzen. Aber es gibt auch noch den Gedanken, den du als Kind hattest: „Warum ist Besuch, der sowieso selten unangekündigt kommt, so wichtig? Ist es nicht wichtiger, dass wir uns alle wohl und vor allem zuhause fühlen?“ Plötzlich erinnerst du dich sogar wieder daran, wie glücklich du dich nach der Geburt deines Sohnes gefühlt hast, als du abends, nachdem er im Bett war, das Aufräumen gar nicht als Last empfunden hast, sondern glücklich warst, dass du nun Babybücher und Spielzeug zusammenräumen konntest. Meist warst du zu erschöpft, aber es gab die Tage, an denen du glücklich über das Baby-Chaos warst.

Verbindende Kommunikation

Am Wochenende bittest du die ganze Mannschaft zum Gespräch. Du möchtest sie mitnehmen, möchtest, dass sie verstehen, worum es dir geht. „Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, liegen oft eure Ranzen und deine Sporttasche direkt im Eingangsbereich. Das macht mich oft wütend, eigentlich aber auch traurig. Denn wir haben uns da mal abgesprochen, dass jeder seine Sachen mit in sein Zimmer nimmt, und wir den Eingangsbereich frei lassen. Mit ist es wichtig, dass ich mich auf Absprachen verlassen kann, oder dass wir, wenn es für euch so nicht passt, wieder miteinander sprechen. Ich merke, dass ich Sorge habe, dass ich mich dann auch auf andere Absprachen nicht so verlassen kann. Vielleicht sogar, dass ich als Mutter versagt habe, wenn ich euch Zuverlässigkeit nicht vermitteln konnte. Ihr seht also, es geht gar nicht nur um das Chaos sondern um größere Dinge. Ist es möglich, dass wir nochmal absprechen, wie wir das angehen wollen, und dass wir uns dann zuverlässig daran halten?“

Die Vereinbarungen

Bei den Kids und dem Gatten ist angekommen, worum es geht und sie fangen wild an, Pläne zu machen. Die Kinder sprechen sich ab, dass immer im Wechsel einer von beiden die Ranzen in die Zimmer bringt. Dafür machen sie eine Liste, weil sie Sorge haben, dass es doch Streit gibt. Sie finden übrigens auch, dass Papas Sporttasche oft müffelt, und er nimmt die Tasche jetzt immer mit an die Treppe, geht weiter in der Küche etwas trinken und geht dann mit der Tasche hoch zum Duschen. Wird die Tasche unten von den Kindern gefunden, werfen sie eine Murmel in ein Glas. Bei 10 Murmeln geht es ins Erlebnisbad.

Der andere Blick

Manchmal erwischst du dich inzwischen dabei, dass du manchmal beim Nachhausekommen das Chaos kurz vermisst, denn jetzt musst du erst mal nachschauen, wer schon zuhause ist.

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