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…verpassen wir oft die Chance für Verbindung.

Mit starken Gefühlen von Kindern umzugehen, fällt uns oft nicht leicht. Selbst denen, die professionell mit Kindern arbeiten. Situationen, in denen es keine wirkliche Verständigung gibt, eskalieren, und es gibt großes Geschrei, Wutausbrüche oder auch bittere, stille Tränen. Diese Situationen sind geprägt von Bedürfnissen auf beiden Seiten, nur dass wir uns unserer Bedürfnisse oft nicht bewusst sind und die Bedürfnisse der Kinder nicht sehen oder auch falsch bewerten. Ganz unbewusst bewerten wir unsere eigenen Bedürfnisse höher als die der Kinder und werten dadurch nicht nur das Verhalten der Kinder ab, sondern auch ihre Person. Den Kindern wird buchstäblich etwas übergestülpt, ohne sie in die Überlegungen miteinzubeziehen. Hier gilt es aus Sicht der Erwachsenen, eine Entscheidung zu treffen: Gehe ich einfach über die Bedürfnisse des Kindes hinweg und bestimme über es, oder bin ich bereit eine gleichwürdige Beziehung zu leben, in Verbindung zu gehen und den anderen wirklich wahrzunehmen?

Ihr Kind sprengt den Unterricht

Der Schulanfang zum Beispiel ist eine Zeit, in der Kinder ihre Gefühle und Bedürfnisse sehr stark zum Ausdruck bringen, und Erwachsene sich schnell in schwierigen Situationen befinden. Letztens sprach mich eine bekannte Mutter an, die einen Anruf von der Schulleiterin erhalten hatte. Ihre gerade eingeschulte Tochter würde wieder laut schreiend und weinend in der Klasse sitzen und wolle nach Hause. Sie würde den Unterricht regelrecht „sprengen“. Die Schulleiterin sagte ihr: „Ich rufe Sie jetzt an, weil ich es ihrem Kind versprochen habe. Ich habe sie hiermit informiert, und sie müssen mit Ihrem Kind da bitte nochmal drüber sprechen. Das kann so nicht weitergehen.“ Meiner Bekannten war diese Situation sichtlich unangenehm, und sie wollte von mir wissen, was sie tun könne.

Ich biete keine vorgefertigten Lösungen an oder gebe Tipps, die tausendfach nachgelesen werden können. Mich interessiert erst einmal, was in den Menschen innerlich passiert und welche Haltung sich zeigt. Ich fragte die Mutter, welche Gedanken sie gerade bewegen würden und wie sie sich fühle. Sie sagte, dass sie das sehr mitnehmen würde. Sie schwanke zwischen hilflosem Mitleid, dass es ihrer Tochter da so schlecht ginge und dass ihre Tochter ja aber auch lernen müsse, sich anzupassen. Sie könne sie nicht jedes Mal abholen, das wäre ein falsches Signal. Außerdem würde sie das gar nicht verstehen. Schule würde sie doch eigentlich gerne machen, aber sie wäre halt am Anfang immer so verschlossen und gucke dann immer nur auf den Boden. So wäre es auch im Kindergarten gewesen. Sie fühle sich peinlich berührt, denn sie hätte schon mehrere Mails mit der Klassenlehrerin ausgetauscht, aber irgendwie klappe es nicht.

Wertschätzend über Bedürfnisse reden

Damit erzählte sie mir sehr offen, was in ihr passierte und ich bedankte mich dafür. Denn es ist ein Ausdruck von Vertrauen. Auch konnte ich ihr sagen, dass ich es für sehr wertvoll halte, wenn sie ehrlich reflektiert. Wertvoll auch für ein mögliches Gespräch mit ihrer Tochter. Denn auch in ihrer Tochter wird es widersprüchliche Stimmen geben. Auch in ihr wird es wahrscheinlich das Bedürfnis geben, nochmal zu verstehen, was da eigentlich passiert ist. Und sie wird das Bedürfnis haben, zu wissen, wie man es besser machen kann. Ich stelle immer wieder fest, wenn wir bei Kindern und Eltern mit Wertschätzung auf ihre Bedürfnisse schauen, dann gibt es viele Möglichkeiten der Verbindung. Diese Verbindungen helfen dann, miteinander einen besseren Weg zu finden.

Druck rausnehmen und verbinden

Aber was konnte meine Bekannte nun konkret tun? „Wie wäre es, wenn du deiner Tochter erstmal sagst, dass du es gut findest, wenn sie ihre Bedürfnisse laut äußert. Das ist schließlich für sich gesehen eine wichtige Fähigkeit.“ So ein positiver Blick nimmt den Druck sich verteidigen zu müssen. Dann ist der Weg frei, für einen gemeinsamen Rückblick auf diese Situation und die Frage, was die Tochter denn gebraucht hätte, um gut aus der Situation heraus zu kommen. Dadurch entsteht ein Gefühl der Verbundenheit. Mutter und Tochter teilen das gleiche Anliegen. Und dann kann auch die Perspektive der anderen einbezogen werden. Wie können die Mitschüler*innen Kontakt zu ihr aufnehmen und welchen Tipp können wir der Lehrer*in geben, wie sie ihr helfen kann? Mit dieser Einbeziehung der Wahrnehmung kann sich die Tochter als Person angenommen fühlen, selbst wenn ihr Verhalten kritisch gesehen wird. Dann kann man gemeinsam analysieren, was sich in dieser Situation verhakt hat und was es braucht, damit es sich besser anfühlt.

So entsteht Verständnis und Vertrauen

Wir Erwachsene neigen dazu, stark geäußerte Bedürfnisse von Kindern abwertend zu beurteilen, wenn wir selbst unter Druck geraten. Denn dann haben wir unsererseits ein starkes Bedürfnis. Wir wollen zum Beispiel, dass wir nicht unangenehm auffallen oder eine peinliche Situation erleben. Reagieren wir mit starker Bewertung auf starke Bedürfnisse von Kindern, dann verschließen sie sich. Durch Wertschätzung und Verbindung kann ein Kind wieder klarer denken und aus eigener Kraft mithelfen, die Situation miteinander besser zu gestalten. Und genau dieses Miteinander stärkt das gegenseitige Verständnis und Vertrauen, was uns dann in der nächsten schwierigen Situation hilft.

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